Scheibenberger Sagen
Hohe Berge, finstere Höhlen und undurchdringliche Wälder haben dem Menschen schon immer ein Gefühl des übernatürlichen vermittelt. Und weil der Scheibenberg mit all diesen unheimlichen Orten reich gesegnet war, erlebten die Menschen auch hier allerlei unheimliche Dinge und sahen seltsame Wesen...alles nur Phantasie und Hoffnung auf ein leichteres Leben? Wer weiß!?
Das Städtchen Scheibenberg im Obererzgebirge hat seinen Namen von dem an seiner nordwestlichen Seite befindlichen tafelförmigen Basaltberge gleichen Namens. Derselbe soll von Zwergen bewohnt sein und reiche Schätze in sich schließen. So trug es sich zu, daß im Jahre 1605 M. Lorenz Schwabe, Pfarrer in Scheibenberg, mehrere Gäste aus Annaberg bei sich hatte und seine Frau etliche darunter befindliche Freundinnen über und um den Scheibenberg führte, um ihnen die Gegend zu zeigen. Sie trafen ein Loch darin an, in welches drei Stufen führten, und in diesem lag ein glänzender Klumpen wie glühendes Gold. Darüber erschraken sie, gingen eilends wieder herein und führten den Pfarrer samt den Gästen heraus, konnten aber das Loch nicht wiederfinden.
Allerdings befindet sich auch an der Morgenseite des Berges eine Art Höhle, das Zwergloch genannt. Darin wohnten sonst der Sage nach viele Zwerge, deren König Oronomassan (nach anderen Zembokral) hieß. Sie waren nicht über zwei Schuh lang und trugen recht bunte Röckchen und Höschen. Es schien ihr größtes Vergnügen zu sein, die Leute zu necken; Sie taten aber auch manchem viel Gutes und halfen vorzüglich frommen und armen Leuten. Einst im Winter ging ein armes Mädchen aus Schlettau in den am Fuße des Scheibenberges gelegenen Wald, um Holz zu holen. Da begegnete ihr ein kleines Männchen mit einer goldenen Krone auf dem Haupte, das war Oronomassan. Er grüßte das Mädchen und rief gar kläglich: "Ach, du liebe Maid, nimm mich mit in deinen Tragkorb! Ich bin so müde, und es schneit und ist so kalt, und ich weiß keine Herberge! Drum nimm mich mit zu dir in dein Haus!" Das Mädchen kannte den Zwergkönig gar nicht, aber da er gar zu flehentlich bat, so setzte sie ihn in ihren Tragkorb und deckte ihr Schürze über ihn, damit es ihm nicht auf den Kopf schneien möchte. Darauf nahm sie den Korb auf den Rücken und trat den Rückweg an. Aber das Männchen in dem Korbe war zentnerschwer und sie mußte alle Kräfte zusammennehmen, daß sie die Last nicht erdrückte. Als sie nach Hause gekommen, setzte sie den Tragkorb keuchend ab, und wollte nach dem Männchen darin sehen, und deckte ihre Schürze ab. Aber wer schildert ihr freudiges Erstaunen? Das Männchen war fort und statt seiner lag in dem Tragkorbe ein großer Klumpen gediegenen Silbers.*
Im Jahre 1605 bekam M. Laurentius Schwabe, Pfarrer in Scheibenberg, etliche Gäste von Annaberg. Dessen Ehefrau führet etliche Matronen, ihre Gäste und Freundinnen, über und um den Scheibenberg, ihnen dessen Gegend zu zeigen. Sie treffen dabei aber ein Loch an, darein drei Stufen gingen, und lag darinnen ein glänzender Klumpen wie glühendes Gold. Darüber erschraken sie, gingen eilends herein nach der Stadt und führten den Pfarrer samt den anderen Gästen nach dem Berge. Allein sie konnten das Loch nicht wieder finden.
Im Jahre 1648 starb Hans Hass, ein alter ehrlicher Bürger zu Scheibenberg, welcher mir (Lehmann) auf dem Siechbette von seiner Armut im Anfange seines Ehestandes und zugleich auch dieses erzählte: Als Wolf Köhler seine Tochter Elisabeth weggab, wären wir jungen Eheleute gerne mit zu Ehren gezogen, aber wir hatten keine Geschenke. Wir gingen am Berge grasen und wurden eines Lochs gewahr, das gleichsam mit einer eichenen Tür verschlossen, und gingen etliche Stufen hinein. Da wir Wunders halben hineinsehen, liegt ein Fuchs auf den Stufen. Wir erschraken darüber; gleichwohl weil sich der Fuchs nicht rührete, gaben wir ihm einen Stoß und befunden, daß er tot war. Ich verkaufte den abgestreiften Balg, wir gingen auf die Hochzeit und waren lustig. Aber nach selbiger Zeit habe ich das Loch nicht wieder finden können, wie fleißig ich auch gesucht habe.